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Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen
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Abschreibungen: Kürzere Restnutzungsdauer eines Gebäudes durch sachverständige Schätzung
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Keine ermäßigte Besteuerung: Kapitalauszahlung einer Rente
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Grundsteuer im Bundesmodell: Erste Zweifel, aber noch keine Entscheidung über Verfassungsmäßigkeit
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Erneuerung der Heizungsanlage: Kein Vorsteuerabzug bei einer Wohnraumvermietung
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Elektronische Rechnungen: Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums liegt im Entwurf vor
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Betriebsveranstaltungen: Zwei wichtige Urteile zur Lohnsteuerpauschalierung
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Für alle Steuerpflichtigen
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Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen
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Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Unterhaltsleistungen nur dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, wenn das Vermögen des Unterhaltsempfängers 15.500 EUR (Schonvermögen) nicht übersteigt. Zudem hat er klargestellt, dass die monatlichen Unterhaltsleistungen nicht in die Vermögensberechnung einzubeziehen sind.
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Sachverhalt
Eltern machten Unterhaltszahlungen an den volljährigen Sohn (S), für den kein Kindergeldanspruch bestand, für den 1.1. bis 30.9.2019 (Studienabschluss) als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Bankkonto des S wies zum 1.1.2019 ein Guthaben (15.950 EUR) aus. Darin enthalten war eine Ende Dezember 2018 geleistete Unterhaltsvorauszahlung für Januar 2019 i. H. von 500 EUR. Das Finanzamt lehnte den Abzug der Zahlungen als außergewöhnliche Belastungen ab, da S über eigenes Vermögen verfüge, das die maßgebliche Grenze von 15.500 EUR überschreite. Die dagegen erhobene Klage war nicht erfolgreich, aber die Revision.
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Zunächst stellte der Bundesfinanzhof zwar fest, dass die seit 1975 unveränderte Höhe des Schonvermögens (15.500 EUR) nicht anzupassen ist. Dieses liegt 2019 noch deutlich oberhalb des Grundfreibetrags (9.168 EUR) und unterschreitet auch nicht das Vermögen, was das Zivil- und Sozialrecht dem Bedürftigen als „Notgroschen“ zugestehen.
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Der Bundesfinanzhof folgte dem Finanzgericht aber nicht bei der Vermögensberechnung. Denn angesparte und noch nicht verbrauchte Unterhaltsleistungen werden grundsätzlich erst nach Ablauf des Jahres ihres Zuflusses zu (abzugsschädlichem) Vermögen. Die vorschüssige Zahlung für Januar 2019 gilt nach § 11 Einkommensteuergesetz erst in 2019 als bezogen und ist somit beim Vermögen zum 1.1.2019 nicht zu berücksichtigen. Zu diesem Zeitpunkt ist von einem (unschädlichen) Vermögen von 15.450 EUR auszugehen, das im Streitzeitraum auch nicht über 15.500 EUR angewachsen ist.
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Quelle: BFH-Urteil vom 29.2.2024, Az. VI R 21/21
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Für Vermieter
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Abschreibungen: Kürzere Restnutzungsdauer eines Gebäudes durch sachverständige Schätzung
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Der Bundesfinanzhof hat sich erneut mit der Frage befasst, wie eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes (§ 7 Abs. 4 S. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG)) darzulegen ist und entschieden, dass sich der Steuerpflichtige jeder sachverständigen Methode bedienen kann, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint.
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Bei Gebäuden sind als Abschreibungen grundsätzlich die in § 7 Abs. 4 S. 1 EStG genannten festen Prozentsätze von den Anschaffungskosten abzuziehen. Den Prozentsätzen liegt jeweils eine typisierte Nutzungsdauer zugrunde, die mit der tatsächlichen Nutzungsdauer im Erwerbszeitpunkt nichts gemein haben muss. Nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung können (Wahlrecht) anstelle dieser Abschreibungen die der tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes entsprechenden Abschreibungen vorgenommen werden.
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Die Darlegungs- und Feststellungslast für eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer trägt der Steuerpflichtige, wobei diese zu schätzen ist. Dabei kann sich der Steuerpflichtige jeder sachverständigen Methode bedienen, die zur Führung des Nachweises geeignet erscheint. Die Einschränkungen, die das Bundesfinanzministerium im Schreiben vom 22.2.2023 macht, lassen sich, so der Bundesfinanzhof, dem Gesetz jedenfalls nicht in Gänze entnehmen. Vor allem die sachverständige Ermittlung der Restnutzungsdauer nach § 4 Abs. 3 der Immobilienwertermittlungsverordnung vom 14.7.2021 ist eine gutachterlich anerkannte Schätzungsmethode.
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Merke
Allerdings kann der Steuerpflichtige nicht allein durch eine schlichte Bezugnahme auf die modellhaft ermittelte Gesamt- sowie Restnutzungsdauer eines Gebäudes nach Maßgabe der betreffenden Immobilienwertermittlungsverordnung eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer i. S. des § 7 Abs. 4 S. 2 EStG darlegen und nachweisen. Vielmehr bedarf es für die Schätzung der Nutzungsdauer einer sachverständigen Begutachtung, die sich insbesondere zu den individuellen Gegebenheiten des Objekts (zum Beispiel durchgeführte oder unterlassene Instandsetzungen oder Modernisierungen) verhält.
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Quelle: BFH-Urteil vom 23.1.2024, Az. IX R 14/23
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Für Arbeitnehmer
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Keine ermäßigte Besteuerung: Kapitalauszahlung einer Rente
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Die Auszahlung einer Direktversicherung nach Ausübung eines vertraglich eingeräumten Kapitalwahlrechts unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz. Gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts Münster ist allerdings die Revision anhängig.
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Sachverhalt
Im Streitfall hatte die Steuerpflichtige mit ihrem damaligen Arbeitgeber die Umwandlung eines Teils ihres Gehalts in Beiträge zu einer Direktversicherung nach dem Betriebsrentengesetz vereinbart. Daraufhin schloss der Arbeitgeber für die Steuerpflichtige eine solche Versicherung mit einer Beitragszahlungsdauer von 14 Jahren ab. Es sollte eine lebenslange monatliche Rente gezahlt werden oder auf Antrag eine einmalige Kapitalabfindung erfolgen. Im Streitjahr 2019 übte die Steuerpflichtige das Kapitalwahlrecht aus und erhielt ca. 44.500 EUR. Diesen Betrag behandelte das Finanzamt als steuerpflichtige Rente und besteuerte ihn mit dem regulären Steuersatz. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolglos.
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Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten können als außerordentliche Einkünfte in Betracht kommen, die ermäßigt zu besteuern sind (Fünftel-Regelung). Da es im Streitfall aber an dem Tatbestandsmerkmal der Außerordentlichkeit fehlte, kam keine ermäßigte Besteuerung in Betracht.
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Im Hinblick auf die Kapitalauszahlung von Renten kam es nach der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ausschließlich auf die vertragliche Vereinbarung an (keine ermäßigte Besteuerung, wenn das Kapitalwahlrecht schon in der ursprünglichen Versorgungsregelung enthalten war). In späteren Entscheidungen hat es der Bundesfinanzhof jedoch vielmehr für maßgeblich gehalten, ob das Kapitalwahlrecht nur in atypischen Einzel fällen tatsächlich ausgeübt wird, wofür statistisches Material ausgewertet werden muss.
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Vor diesem Hintergrund hat das Finanzgericht Münster die Revision mit folgendem Wortlaut zugelassen: „Dem Bundesfinanzhof ist Gelegenheit zu geben, über die Ausschärfung der Kriterien zur Bestimmung der Atypik bei Kapitalauszahlungen von Renten erneut zu entscheiden, da er bei seinen bisherigen Entscheidungen (irrtümlich) davon ausgegangen ist, dass statistisches Material über die Häufigkeit der Ausübung von Kapitalwahlrechten verfügbar ist.“
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Merke
Da die Steuerpflichtige die Revision eingelegt hat, können geeignete Fälle mit einem Einspruch bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs offengehalten werden.
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Quelle: FG Münster, Urteil vom 24.10.2023, Az. 1 K 1990/22 E, Rev. BFH: Az. X R 25/23
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Für alle Steuerpflichtigen
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Grundsteuer im Bundesmodell: Erste Zweifel, aber noch keine Entscheidung über Verfassungsmäßigkeit
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Der Bundesfinanzhof hat in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu den Bewertungsregelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden. Danach müssen Steuerpflichtige unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen. Weil deswegen bereits Zweifel an der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte bestanden, war nicht mehr zu prüfen, ob die neue Grundsteuer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln unterliegt.
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In beiden Streitfällen hatten die Antragsteller beim Finanzgericht erfolgreich beantragt, die Grundsteuerwertfeststellungen für ihre Wohnimmobilien von der Vollziehung auszusetzen. Die Bescheide waren auf der Grundlage des neuen Bundesmodells ergangen, das in mehreren Bundesländern (z. B. in Nordrhein-Westfalen) Anwendung findet.
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Danach wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die ab 2025 von den Gemeinden erhoben wird, durch Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2022 als einheitlichen Hauptfeststellungsstichtag ermittelt. Die für die Feststellung des Grundsteuerwerts maßgeblichen Vorschriften enthalten nicht zuletzt wegen der Neubewertung von über 36 Millionen wirtschaftlichen Einheiten eine Vielzahl von Typisierungen und Pauschalierungen.
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Das Finanzgericht hatte ernstliche Zweifel sowohl an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwertbescheide als auch an der Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsvorschriften und gewährte deshalb die beantragte Aussetzung der Vollziehung. Die dagegen erhobenen Beschwerden des Finanzamts hat der Bundesfinanzhof als unbegründet zurückgewiesen.
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Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Grundsteuerwertfeststellungen in Bezug auf die Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte. Denn die Steuerpflichtigen müssen bei einer Verletzung des Übermaßverbots die Möglichkeit haben, einen niedrigeren Wert nachzuweisen – auch wenn der Gesetzgeber dies nicht ausdrücklich geregelt hat.
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Der Gesetzgeber verfügt gerade in Massenverfahren über einen großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraum. Das Übermaßverbot kann aber verletzt sein, wenn sich der Grundsteuerwert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist. Dies setzt nach der Rechtsprechung zu anderen typisierenden Bewertungsvorschriften voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt – und dies war infolge der Besonderheiten in den Streitfällen nicht auszuschließen.
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Merke
Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Bewertungsrechts ist damit nicht verbunden. Es handelt sich „nur“ um Beschlüsse im Rahmen der summarischen Prüfung des Aussetzungsverfahrens.
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Quelle: BFH, Beschlüsse vom 27.5.2024, Az. II B 78/23 (AdV) und Az. II B 79/23 (AdV); BFH, PM Nr. 26/24 vom 13.6.2024
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Für Unternehmer
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Erneuerung der Heizungsanlage: Kein Vorsteuerabzug bei einer Wohnraumvermietung
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Schuldet der Vermieter von Wohnraum zum vertragsgemäßen Gebrauch auch die Versorgung mit Wärme und warmem Wasser, stehen Kosten des Vermieters für eine neue Heizungsanlage jedenfalls dann im direkten und unmittelbaren Zusammenhang zur steuerfreien Vermietung, wenn es sich dabei nicht um Betriebskosten handelt, die der Mieter gesondert zu tragen hat. Die Quintessenz aus dieser Entscheidung des Bundesfinanzhofs: Der Vermieter kann für die Heizungsanlage keinen Vorsteuerabzug beanspruchen.
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Hintergrund
Nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes ist der Vorsteuerabzug für Lieferungen und sonstige Leistungen ausgeschlossen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.
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Das Finanzgericht Münster hatte den Streitfall noch anders beurteilt und auf getrennte Leistungen abgestellt, nämlich einerseits steuerfreie Vermietungsleistungen und andererseits steuerpflichtige Energielieferungen.
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Der Bundesfinanzhof lehnte den vom Vermieter begehrten Vorsteuerabzug aus dem Heizungsaustausch aber bereits deshalb ab, weil der Vermieter dort entsprechend den mietrechtlichen Rahmenbedingungen die Gestellung einer Wohnung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch – d. h. einschließlich der Gestellung warmen Brauchwassers – schuldete und die diesbezüglichen Zahlungen nicht als dem Mieter gesondert berechenbare Betriebskosten i. S. des § 556 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen waren.
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Quelle: BFH-Urteil vom 7.12.2023, Az. V R 15/21
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Für Unternehmer
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Elektronische Rechnungen: Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums liegt im Entwurf vor
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Die elektronische Rechnung (kurz: E-Rechnung) ist beschlossene Sache. Sie wird dazu führen, dass Unternehmen ihre Prozesse ändern bzw. neu strukturieren müssen. Das Bundesfinanzministerium plant, hierzu ein Anwendungsschreiben zu veröffentlichen. Ein Entwurf (16 Seiten) wurde den Verbänden bereits am 13.6.2024 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt. Die endgültige Veröffentlichung des Schreibens ist für den Beginn des 4. Quartals 2024 geplant. Dennoch sollten sich Unternehmen bereits jetzt mit der Neuregelung befassen.
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Allgemeines und Übergangsregelungen
Durch das Wachstumschancengesetz (BGBl I 2024, Nr. 108) wurden die Regelungen zur Ausstellung von Rechnungen nach § 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) für nach 2024 ausgeführte Umsätze neu gefasst. Kernpunkt der Neuregelung: Die obligatorische E-Rechnung bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern (inländische B2B-Umsätze).
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Beachten Sie
Ausgenommen sind Rechnungen über Leistungen, die nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei sind, sowie Rechnungen über Kleinbeträge bis 250 EUR (§ 33 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung [UStDV]) und Fahrausweise (§ 34 UStDV). Da die Umsetzung einige Zeit beanspruchen wird, können nach den Vorgaben des § 27 UStG Übergangsregelungen genutzt werden: Der allgemeine Übergangszeitraum beträgt zwei Jahre (Pflicht somit ab 2027). Drei Jahre gelten für Unternehmer mit einem Gesamtumsatz von bis zu 800.000 EUR im Jahr 2026.
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Merke
Hinsichtlich des Empfangs einer E-Rechnung gilt keine Übergangsregelung, er ist somit vom 1.1.2025 an durch den Rechnungsempfänger zu gewährleisten. Hierfür reicht es aus, wenn der Empfänger ein E-Mail-Postfach zur Verfügung stellt. Die Beteiligten können abweichend hiervon aber auch andere elektronische Übermittlungswege vereinbaren.
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Beachten Sie
Weitere Informationen zu den Übergangsregeln sind im Entwurfsschreiben ab der Rz. 53 aufgeführt. Verpflichtete Unternehmer, E-Rechnung und sonstige Rechnung Unternehmer sind nach § 14 Abs. 2 UStG zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet, wenn der Umsatz nicht nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei ist: a) für eine Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen, b) für eine Leistung an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, c) für eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 S. 1 UStG) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück an einen anderen als unter a) oder b) genannten Empfänger (Nichtunternehmer oder Unternehmer für dessen nichtunternehmerischen Bereich).
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Beachten Sie
Bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern ist regelmäßig eine E-Rechnung auszustellen. Dies ist der Fall, wenn sowohl der leistende Unternehmer als auch der Leistungsempfänger im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete ansässig sind.
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Ist mindestens einer der beteiligten Unternehmer nicht im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete ansässig, besteht keine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung.
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Bei den zuvor unter Buchstabe b) und c) genannten Fällen kann eine sonstige Rechnung (z. B. Papierrechnung) ausgestellt werden. Eine Ausstellung und Übermittlung als E-Rechnung oder als eine sonstige Rechnung in einem anderen elektronischen Format ist in diesen Fällen nur mit der Zustimmung des Empfängers möglich.
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Zulässige Formate
Das Bundesfinanzministerium widmet sich der Frage nach den zulässigen Formaten sehr ausführlich auf rund drei Seiten (Gliederungspunkt 2.3). Generell gilt: E-Rechnungen können sowohl in einem rein strukturierten als auch in einem hybriden Format erstellt werden.
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Ein zulässiges elektronisches Rechnungsformat muss vor allem gewährleisten, dass die Rechnungspflichtangaben (§ 14 Abs. 4 UStG) elektronisch übermittelt und ausgelesen werden können. Die Verwendung von strukturierten Formaten, die auf der Norm EN 16931 beruhen, ist immer zulässig. Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch andere Formate möglich.
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Welches (zulässige) Format verwendet wird, ist eine zivilrechtliche Frage, die nur zwischen den Vertragsparteien zu entscheiden ist.
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Umfang, Übermittlung und Empfang
Voraussetzung für eine E-Rechnung ist u. a., dass sie eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Dies bedeutet, dass für eine ordnungsmäßige Rechnung alle umsatzsteuerlichen Pflichtangaben (vgl. §§ 14, 14a UStG) im strukturierten Teil der E-Rechnung enthalten sein müssen.
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Hinsichtlich der Leistungsbeschreibung gilt, dass die im strukturierten Teil der E-Rechnung enthaltenen Angaben eine eindeutige Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen müssen. Es können aber ergänzende Angaben in einem in die E-Rechnung integrierten Anhang aufgenommen werden.
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Für die Übermittlung von E-Rechnungen kommen z. B. der Versand per E-Mail (Achtung: Eine PDF ist keine E-Rechnung), die Bereitstellung der Daten mittels einer elektronischen Schnittstelle oder die Möglichkeit des Downloads über ein (Kunden-) Portal in Betracht.
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Beachten Sie
Die Übergabe der XML-Datei auf einem externen Speichermedium (z. B. USB-Stick) erfüllt nicht die Voraussetzungen der Übermittlung in elektronischer Form.
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Merke
Verweigert der Rechnungsempfänger die Annahme einer E-Rechnung bzw. ist er hierzu technisch nicht in der Lage, hat er kein Anrecht auf eine alternative Ausstellung einer sonstigen Rechnung. In diesem Fall gelten die umsatzsteuerlichen Pflichten des Ausstellers auch als erfüllt, wenn er eine E-Rechnung ausgestellt und sich nachweislich um eine ordnungsgemäße Übermittlung bemüht hat.
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Verträge als Rechnungen
Verträge sind als Rechnung anzusehen, soweit sie die nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Angaben enthalten. Sofern eine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung bei einem Dauerschuldverhältnis (z. B. Mietverhältnis) besteht, ist es ausreichend, wenn für den ersten Teilleistungszeitraum eine E-Rechnung ausgestellt wird, welcher der zugrunde liegende Vertrag als Anhang beigefügt wird oder sich aus dem sonstigen Inhalt klar ergibt, dass es sich um eine Dauerrechnung handelt.
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Für Dauerschuldverhältnisse ist spätestens bis zum Auslaufen der vom Rechnungsaussteller angewendeten Übergangsregelung eine initiale E-Rechnung nach vorstehender Regelung zu erteilen. Dies gilt auch für Dauerschuldverhältnisse, die vor dem 1.1.2025 begründet worden sind.
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Vorsteuerabzug
Bestand eine Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung und wird stattdessen eine sonstige Rechnung ausgestellt, handelt es sich um keine ordnungsmäßige Rechnung. Folglich berechtigt die ausgestellte Rechnung dem Grunde nach nicht zum Vorsteuerabzug.
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Merke
Eine sonstige Rechnung kann durch eine E-Rechnung berichtigt werden. Diese muss durch eine spezifische und eindeutige Bezugnahme auf die ursprüngliche Rechnung zum Ausdruck bringen, dass es sich um eine berichtigte Rechnung handelt. Eine solche Berichtigung wirkt unter den übrigen Voraussetzungen auf den Zeitpunkt der Ausstellung der sonstigen Rechnung zurück, auch wenn der Vorsteuerabzug zunächst nicht möglich war.
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Beachten Sie
Erfolgt keine Rechnungsberichtigung, kann auch aus einer sonstigen Rechnung unter Anlegung eines strengen Maßstabes ein Vorsteuerabzug möglich sein, sofern das Finanzamt über sämtliche Angaben verfügt, um die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug zu überprüfen.
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Aufbewahrung
Der strukturierte Teil einer E-Rechnung ist so aufzubewahren, dass er in seiner ursprünglichen Form vorliegt und die Anforderungen an die Unveränderbarkeit erfüllt werden. Eine maschinelle Auswertbarkeit seitens der Finanzverwaltung muss sichergestellt sein. Sofern in einem zusätzlichen übersandten Dokument Aufzeichnungen enthalten sind, die für die Besteuerung von Bedeutung sind (z. B. Buchungsvermerke), sind diese ebenfalls so aufzubewahren, dass sie in ihrer ursprünglichen Form vorliegen und die Anforderungen an die Unveränderbarkeit erfüllt werden.
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Beachten Sie
Das vollständige Entwurfsschreiben können Sie unter www.iww.de/s11125 abrufen.
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Quelle: BMF, Entwurfsschreiben, Az. III C 2 - S 7287-a/23/10001 :007, Stand: 13.6.2024
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Für Arbeitgeber
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Betriebsveranstaltungen: Zwei wichtige Urteile zur Lohnsteuerpauschalierung
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Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist die pauschale Besteuerung (Steuersatz i. H. von 25 %) für Betriebsveranstaltungen auch zulässig für Veranstaltungen, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen. Nicht so erfreulich ist dagegen ein Urteil des Bundessozialgerichts, wonach die verspätete Pauschalbesteuerung nicht zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung führt.
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Hintergrund
Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung) führen zu Arbeitslohn. Dies ist in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geregelt. Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 EUR je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie jedoch nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, wenn die Teilnahme allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Dies gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 3 und S. 4 EStG).
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Urteil des Bundesfinanzhofs
Ungeklärt war bislang die Frage, ob eine „Betriebsveranstaltung“ auch bei einem geschlossenen Kreis (beispielsweise Vorstands- und Führungskräftefeiern) vorliegt.
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Beachten Sie
Dann kann zwar kein Freibetrag i. H. von 110 EUR gewährt werden, aber es wäre eine Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG mit 25 % möglich. Diese Frage hat der Bundesfinanzhof (im Gegensatz zur Vorinstanz) nun zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden. Nach der ab dem Veranlagungszeitraum 2015 geltenden Definition in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EStG kann eine Betriebsveranstaltung auch dann vorliegen, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Und da diese Definition dem Tatbestandsmerkmal „Betriebsveranstaltung“ in § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG entspricht, ist eine pauschale Besteuerung möglich.
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Urteil des Bundessozialgerichts
Im Streitfall des Bundessozialgerichts ging es auch um Betriebsveranstaltungen – und zwar um die Frage, welche Folgen eine verspätete Lohnsteuerpauschalierung für die Sozialversicherung hat.
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Sachverhalt
Ein Unternehmen feierte mit seinen Beschäftigten am 5.9.2015 ein Firmenjubiläum. Am 31.3.2016 zahlte es für September 2015 auf einen Betrag von rund 163.000 EUR die für 162 Arbeitnehmer angemeldete Pauschalsteuer. Nach einer Betriebsprüfung forderte der Rentenversicherungsträger von dem Unternehmen Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von rund 60.000 EUR nach – und zwar zu Recht, wie das Bundessozialgericht entschieden hat (die gegenteiligen Entscheidungen der Vorinstanzen wurden aufgehoben).
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Aufwendungen von mehr als 110 EUR je Beschäftigten für eine betriebliche Jubiläumsfeier sind als geldwerter Vorteil in der Sozialversicherung beitragspflichtig, wenn sie nicht mit der Entgeltabrechnung, sondern erst erheblich später pauschal versteuert werden.
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Es kommt entscheidend darauf an, dass die pauschale Besteuerung „mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum“ erfolgt. Dies wäre im konkreten Fall die Entgeltabrechnung für September 2015 gewesen. Tatsächlich wurde die Pauschalbesteuerung aber erst Ende März 2016 durchgeführt und damit sogar nach dem Zeitpunkt, zu dem die Lohnsteuerbescheinigung für das Vorjahr übermittelt werden musste.
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Merke
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vertreten im Besprechungsergebnis vom 20.4.2016 (TOP 5) die Auffassung, dass eine nachträgliche Pauschalbesteuerung nur bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung geltend gemacht werden kann, also längstens bis zum 28.2. des Folgejahrs. Dem hat sich das Bundessozialgericht nun im Ergebnis angeschlossen.
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Quelle: BFH-Urteil vom 27.3.2024, Az. VI R 5/22
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Haftungsausschluss
Der Inhalt des Rundschreibens ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der Rechtsmaterie machen es notwendig, Haftung und Gewähr auszuschließen. Das Rundschreiben ersetzt nicht die individuelle persönliche Beratung.
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